Als Lessing 1771 sein Sinngedicht „Wer wird nicht einen Klopstock loben? Doch wird ihn jeder lesen? – Nein.“ niederschrieb, sollte Friedrich Gottlieb Klopstock noch 32 Jahre zu leben haben. Hoch geehrt war er, als Symbolfigur deutscher Geistesgröße mit einem Staatsbegräbnis bedankt und dennoch kaum mehr gelesen. Galten die Oden noch einem Goethe im „Werther“ als Sound einer Generation, als Erkennungsmerkmal, verspürte Anton Reiser etwas mehr als zehn Jahre später gähnende Langeweile beim Anhören des „Messias“. Heute ist das Werk Klopstocks nur noch eine Angelegenheit für Germanisten.
Wer war der Mann, der einen solchen Begeisterungssturm entfachen konnte, der bereits in seiner auf Latein vorgetragenen Abschlussrede in Schulpforta den kommenden Dichter des Deutschen ankündigte – nämlich sich selbst – und dieses Ziel unbeirrt verfolgte? Er war ein höchst elegant gekleideter Herr, charmant und von freiem Benehmen, im Gespräch exzellent parlierend; Göttervater für die Dichter des Göttinger Hainbunds; Wegbereiter für einen freieren Gebrauch der deutschen Sprache und den Einzug der Empfindsamkeit in die deutsche Dichtung, zunächst selbsternannter und 1792 von der französischen Nationalversammlung bestätigter Citoyen françois; ein stolzer Bürger, der dennoch seinen Lebensunterhalt wohltätigen Fürsten verdankte. Nicht zuletzt war er nach der mühseligen Vollendung des „Messias“ und einer Menge unspielbarer Dramen der Verfasser der ungeheuer witzigen Utopie „Die deutsche Gelehrtenrepublik“.
„Drei verhängnisvolle Monate“ verlebte E.T.A. Hoffmann, Kapellmeister bei der Theatergruppe von Joseph Seconda, in Dresden.
Gerade an dem Tag, an dem Goethe die Stadt verließ, am 25. April 1813, trafen Hoffmann und seine Frau Mischa aus Bamberg kommend ein und nahmen Quartier im Hotel „Zur Stadt Naumburg“ in der Wilsdruffer Gasse. Aber die eigene Kasse war erschöpft und der Theaterdirektor nicht auffindbar. Komponierend und schreibend, dirigierend und beobachtend verbrachte Hoffmann den Sommer des Jahres abwechselnd in Leipzig und Dresden, wo er im August Napoleons letzten großen Sieg auf deutschem Boden, die Schlacht von Dresden hautnah miterleben sollte. Aber gerade in dieser Zeit vollendete Hoffmann seine Zauberoper „Undine“, die als erste romantische deutsche Oper überhaupt und als Vorläuferin von Carl Maria von Webers „Freischütz“ gilt.
E.T.A. Hoffmann, der als romantischer Realist den Mut aufgebracht hatte, sich im Schreiben den „unhellen und wenig anheimelnden Kräften“ des Alltags zu stellen, erlebte hier die Steigerung, das wahre Grauen des Krieges. Um der düsteren Wirklichkeit zu entkommen schrieb er nicht nur „Die Vision auf dem Schlachtfelde bei Dresden“ sondern auch das Märchen „Der goldene Topf“, in dem das reale Kriegsgeschehen übergeht ins Feenhafte, ins Geheimnisvolle und Wunderbare.
Die Schauspielerin und Publizistin Steffi Böttger erzählt von jenen „drei verhängnisvollen Monaten“ im Leben des großen Romantikers, der heute einem großen Publikum leider nur noch als „Gespenster-Hoffmann“ bekannt ist.
In ihrem Vortrag nimmt Steffi Böttger ihr Publikum mit auf eine Reise durch die Schweiz, die so tatsächlich im Jahr 1822 stattgefunden hat. Die Familie Mendelssohn, dabei die etwa sechzehnjährige Fanny und der dreizehnjährige Felix, reiste von Berlin über Baden-Württemberg in die Schweiz, bestieg hohe Berge, besuchte Städte und Dörfer, während Felix jede Gelegenheit nutzte, um alle verfügbaren Dorforgeln zu spielen. Über die Reise, das fortwährende schlechte Wetter und die Spannungen in der Reisegruppe, die aus zehn Personen bestand, berichtete Fanny in selten freimütigen Briefen an die daheimgebliebene Familie. Die Schauspielerin und Autorin Steffi Böttger zitiert aus den Briefen Fannys und plaudert über die Bedingungen, unter denen im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts gereist wurde, und über die Schweiz, die in dieser Zeit noch unschuldig vom Tourismus träumte.
In ihrem teils heiteren, teils anrührenden Vortrag stellt die Schauspielerin und Publizistin Steffi Böttger Fragen, um die gern ein großer Bogen geschlagen wird: war Clara Schumann eine »eiskalte Karrieristin«, als die sie bisweilen bezeichnet wird, oder doch eine liebevolle Mutter? Wie hat sie als ihre eigene Konzertagentin verhandelt und bis zu 200 Auftritte im Jahr organisiert, bei denen sie möglichst immer auch ihren eigenen Flügel mitnahm? Wie sah es aus mit den Finanzen der europaweit gefeierten Pianistin – war sie Millionärin oder stand sie stets kurz vor der Pleite? Sicher jedoch ist eines: Clara Schumann war eine Frau mit ungeheurer Kraft, die auch im hohen Alter, gequält von den verschiedensten Gebrechen, ein Konzert nach dem anderen gab, und einer bedingungslosen Liebe zu ihrer Kunst.
Wer kennt heute noch die Anekdoten um die sogenannte Erste Romantische Schule, den Kreis um August Wilhelm und Friedrich Schlegel, ihre Frauen Caroline und Dorothea und um Jena, das Hauptquartier der romantischen Bewegung um 1800?
Verknüpft damit ist eine dramatische Geschichte um Eifersucht und Größenwahn– und ein unterhaltsamer kulturgeschichtlicher Exkurs. Leicht und amüsant werden dabei die Hintergründe beleuchtet, wie sich eine künstlerische Richtung gegen Altes durchsetzte, und wie um Pfründe auf dem deutschen Buchmarkt gekämpft wurde.
Im Jahre 1787 weilte Johann Wolfgang Goethe während seiner italienischen Reise beinahe drei Monate in Neapel, das ihm prächtig gefiel. Er liebte das Klima, das Meer, die Menschen, Essen und Wein. Anders Felix Mendelssohn Bartholdy. Als Knabe saß er zu Füßen des verehrten Meisters Goethe, und im Jahre 1831 unternahm er, inspiriert von Goethe, die fast gleiche Reise. In Neapel jedoch fühlte er sich endgültig unbehaglich. Der Scirocco wehte, die Neapolitaner erschienen ihm faul und betrügerisch, und das Fazit seines Aufenthaltes lautete: Ich sehne mich mehr und mehr nach London.
Beide haben ausführlich Bericht erstattet: Goethe in seiner berühmten Italienischen Reise, Mendelssohn in Briefen an seine Familie und Freunde.
In ihrem unterhaltsamen Vortrag beleuchtet Steffi Böttger die Reisebedingungen im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert, die Stadt Neapel, aber auch die Vorstellungen und Wünsche, die mit Reisen verbunden waren und sind.
Als im April 1818 der erste Enkel im Hause Goethe zur Welt kommen sollte, zog sich der Großvater, Geheimrat Johann Wolfgang von Goethe, nach Jena zurück. Die Meldung, am 9. des Monats sei ein Junge geboren worden, bereitete ihm jedoch Glücksgefühle. Der Knabe wurde auf den Namen Walther Wolfgang von Goethe getauft, nach seinem Vater und seinem Großvater, in dessen Gesellschaft er eine glückliche Kindheit voller Verständnis, Anregung und zärtlicher Hingabe erlebte.
Dennoch trug er schwer an der Bürde des großen Namens. Die Meßlatte hing so weit oben, dass ein Mensch mit durchschnittlichen Talenten, wie Walther es war, sie nicht erreichen konnte. Ein abgebrochenes Musikstudium bei Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig und Carl Loewe in Stettin, eine erfolglose Karriere als sozialkritischer Schriftsteller, Unglück in seinen Liebesbeziehungen zu Robert Schumann oder dem Arzt Romeo Seligmann - Walther von Goethes Leben war eine Aneinanderreihung von Ängsten, Depressionen und der Gewissheit, den eigenen hohen Ansprüchen nicht zu genügen.
Seit dem Regierungsantritt von Großherzog Carl Alexander 1853 wurde Walther von Goethe dessen wichtigster kulturpolitischer Berater und erwies sich als feinfühliger, aber autonomer und unbestechlicher Freund. Sein größtes Verdienst jedoch ist es, gegen alle finanziellen Versuchungen und Bedrängungen durch die preußische Regierung, den schriftlichen Nachlass seines Großvaters, das Goethe-Haus und die bedeutende Kunstsammlung nicht verkauft und in alle Winde verstreut zu haben. Trotz einem Leben in ärmlichen Verhältnissen bestimmte er testamentarisch, dass erst nach seinem Tode das Großherzogtum Sachsen-Weimar und die Großherzogin Sophie die Erben sein sollten. Damit legte er den Grundstein zum Goethe- und Schiller-Archiv Weimar und für die Einrichtung des Goethe-Nationalmuseums.
Die Schauspielerin und Publizistin Steffi Böttger stellt den Enkel Goethes in Briefen, Tagebüchern und Beobachtungen seiner Zeitgenossen vor - einen scheuen, sich vor anderen in Förmlichkeit verschließenden Mann.
Erstmalig 1849 kam Wagner in die Schweiz. Der Zürcher Staatsschreiber Johann Jakob Sulzer ebnete ihm den Weg ins Exil, das Wagner wegen seiner Teilnahme an den März-Aufständen in Dresden wählen musste. "Ihren gewohnten republikanischen Standpunkt", mit dem sich die Schweizer Künstler über seine Verfolgung äußerten, empfand er als wohltuend. Er fühlte sich geborgen - und auch finanziell sicher, denn Franz Liszt finanzierte zunächst seinen Aufenthalt. Das Luxus-Exil war kreativ und turbulent. Wagner fand hier nicht nur äußerliche Ruhe sondern auch seine Muse, Mathilde Wesendonck - was freilich zum Ende seiner Ehe führte.
Auch Jahre später, als er Luzern zu seinem ständigen Wohnsitz wählte, hatte er Deutschland - in diesem Falle München - mit seiner Geliebten Cosima Bülow verlassen müssen. Zunächst im Hotel Schweizerhof logierend, konnte er im April 1866 mit dem Besitzer, Oberstleutnant Walter Am Rhyn, einen Mietvertrag für den idyllisch am Vierwaldstättersee gelegenen Landsitz in Tribschen abschließen. "Ich kenne keinen schöneren Ort auf der Welt, keinen heimischeren als diesen.", schrieb er an den bayerischen König Ludwig II.
Sechs glückliche, fruchtbare und erfüllende Jahre lagen hier vor ihm. Er vollendete nicht nur die „Meistersinger von Nürnberg“ und nahm die Arbeiten am „Ring des Nibelungen“ wieder auf, sondern komponierte auch das berühmte „Siegfried Idyll (zunächst Tribschener Idyll genannt) sowie den „Kaisermarsch“ anlässlich der Gründung des Deutschen Reiches 1871. Daneben entstanden auch einige Texte, wie „ Über das Dirigieren“ und „Über Beethoven“.
Erst 1872, mit dem Kauf des Grundstücks in Bayreuth, auf dem später die Villa "Wahnfried" stehen sollte, und der Gründung des Verwaltungsrates für die Bayreuther Festspiele fand Wagners Tribschener Aufenthalt sein Ende. Am 22. April verabschiedete sich Wagner schweren Herzens von der Schweiz.
Aus Briefen, autobiografischen Schriften und den Berichten von berühmten und weniger prominenten Zeitgenossen zitierend, berichtet die Schauspielerin und Publizistin von Wagners Idyll auf Zeit.
Obwohl Richard Wagner aus der Leipziger Tieflandsebene stammte, war er dennoch ein geradezu tollkühner Gebirgswanderer. Er erklomm hohe Berge, überquerte große, gefährliche Gletscher und scheute auch vor längeren Fussmärschen nicht zurück. Er bevorzugte auf seinen Wanderungen stets die weniger betretenen Pfade, auch auf die Gefahr hin, sich zu verirren oder in lebensbedrohliche Situationen zu geraten. Er hatte Spaß an der sportlichen Herausforderung. Nicht träumerisches gemächliches Dahinschlendern war seine Sache, sondern er war stolz auf sein forciertes Tempo.
Der wichtigste Grund für das Wandern aber war, neben der frischen Luft und der damit verbundenen heiteren Stimmung, dass die Landschaften ihm Inspiration für sein Schaffen boten. Dabei spielte das Wetter keine Rolle, auch das Laufen bei Regen und grauverhangenem Himmel setzte in ihm Kräfte frei und ließ die Ideen sprudeln. Die Landschaftsreize flossen direkt in die Werke ein, Naturerlebnisse konnten ihn zu direkten Charakterisierungen von Menschen und Situationen anregen - selbst die Bühnenbilder für den 1. Ring-Zyklus 1876 in Bayreuth, unter seiner Aufsicht entstanden, sahen erlebte Berglandschaften vor.
Die Schauspielerin und Publizistin Steffi Böttger geht in ihrem Vortrag die Wege nach, die Wagner nahm, und zitiert aus Briefen, Tagebucheintragungen und Berichten von Zeitgenossen und Freunden - ein vergnüglicher Exkurs und ein ehrfurchtsvoller Blick auf die weniger bekannte Seite Richard Wagners.